Wir erreichen Lüderitz nach einer schnellen und angenehmen Überfahrt von Kapstadt. Heißt das Kap der Guten Hoffnung so, weil die frühen Segler sich hier wieder ruhigeres Wetter erhofften oder weil es von hier aus nach Hause ging? Für uns gilt beides. Wir haben unsere Pläne geändert und besuchen nun Namibia auf dem See- und nicht auf dem Landweg, denn es liegt auf unserer Route durch den Atlantik in Richtung Norden. Auf der Überfahrt war es nachts sehr frisch, denn der kalte Benguela Strom führt nicht nur kaltes Wasser mit sich, sondern kühlt auch die darüber streichenden Luftmassen ab. Für uns Temperaturverwöhnten sind 12 Grad schon lausig. Gespenstisch sind vor allem die damit zusammenhängenden Nebelbänke, die wir seit 2 ½ Jahren, seit der Nordsee nicht mehr hatten.
Nach knapp 500 Seemeilen erreichen wir die alte deutsche Stadt Lüderitz. Zunächst sehen wir nur schemenhaft durch den Nebel Wüstenlandschaft, bis plötzlich einzelne Häuser erkennbar werden. Eine deutsche Stadt in die Wüste gesetzt. Die Anfänge gehen auf 1883 zurück und die Stadt erlebte 1908 einen Boom durch Diamantfunde, welche die wirtschaftliche Grundlage bildeten, an dieser Stelle eine Stadt im wilhelminischen Historismus und spätem deutschen Jungendstil zu errichten. Für uns ist es so normal geworden, sich neue Plätze auf Englisch oder Französisch zu erobern, dass es ein heimeliges Gefühl ist, plötzlich mit einigen Bewohnern dieses weit entfernten Landes deutsch zu sprechen, die ihre Wurzeln im ehemaligen deutschen Südwest-Afrika haben. Wir laufen durch die Bismarck Street oder die Nachtigall Street und lesen die alten deutschen Namen auf den trotzig in der Wüste stehenden Häusern. Überall auf unserer Reise verfolgen wir die Spuren des Kolonialismus, besonders stark waren sie in Südafrika zu spüren. Nicht nur die Engländer, Franzosen, Holländer, Spanier und Portugiesen eroberten die Welt in ihrem kolonialistischen Wahn, sondern eben auch die Deutschen. Mit Namibia kommen wir nach Samoa in unser zweites Land mit teilweiser deutscher Geschichte. So heißt hier der „cod fish“ immer noch Kabeljau, auch wenn die überwiegende Bevölkerung als gemeinsame Sprache Englisch sprechen.
Wir besichtigen als besonderes Beispiel das Goerke-Haus, es ist das wohlhabendste Haus am Ort. Der ursprüngliche Eigentümer ließ es sich 1910 im deutschen Stil erbauen, er wohnte selbst aber nur zwei Jahre darin, da sich seine Frau mit Lüderitz und der Wüste nicht anfreunden konnte und sie nach Deutschland zurückzogen.
Am zweiten Tag fahren wir mit der deutschsprachigen Eigentümerin des lokalen Touristikbüros in die Wüste, um die Geisterstadt Kolmanskop zu besichtigen. Die Siedlung wurde 1910 im Diamantrausch aus der Wüste gestampft und stellte das Zentrum mehrerer dieser in die Wüste gebauten Orte dar, in denen 1.200 Männer mit ihren Familien lebten. Der größte Teil der Baumaterialien wurde aus Deutschland mit dem Schiff eingeführt, ein gewaltiger Kraftakt. In der Blütezeit wurden für die Bewohner*innen ein Kasino, Theater, Kegelbahn, ein Krankenhaus, eine Schule, eine Bäckerei und Schlachterei u.v.a.m . errichtet. Nach dem Einbruch des Diamantgeschäftes nach dem ersten Weltkrieg und da am Orangeriver weiter im Süden reichhaltigere Fundgebiete lagen, gab man die Siedlung 1965 auf und die Wüste holt sich mit ihren Sanddünen Stück für Stück zurück. Wir bekommen bei der Besichtigung ein melancholisches Gefühl, als wir sehen und hören, wie die kleine Stadt und damit die unglaubliche Arbeit der Siedler nach kurzer Periode im Sand versinkt. Es sind unvergessliche Bilder, wie die Dünen durch offenstehende Türen oder Fenster eindringen und von den leeren ungenutzten Häusern Besitz ergreifen. Sie sind teilweise noch in gutem Zustand, da sich durch die Trockenheit der Wüste die Substanz erhält. Jedoch haben im Jahr 2006 Regenfälle durch die undichten Dächer einige Verwüstung gebracht (schönes Wortspiel, oder?).
Wir segeln weiter nach Norden, wo wir in Walvis Bay unsere Freunde Monika und Michael treffen wollen, um gemeinsam die Wüste zu erkunden.
Liebe Annette, lieber Thomas, Ihr seht, ich komme nicht mehr hinterher, zu viel zu tun… aber wir denken an Euch und lesen mit großem Interesse Eure Berichte, bis bald, liebe Grüße von Annette* in Berlin
Lieber Thomas,
Danke für den interessanten Fotobericht, man könnte denken, dass Edward Hopper in Lüderitz Motive fand.
Manche der Gebäude erinnern ja sehr an Aumühle, z.B. das Goerke Haus!
Das erste mit “ Diamantsucher im Lüderitz Hafen…“ untertitelte Bild verstehe ich nicht: wird mit kleinen Schleppnetzen im Meer nach Diamanten gesucht?????
Sehr schön und für einen Film geeignet die Bilder vom Krankenhaus in Kolmannskop!
Sehr liebe Grüße von Lisa
wow !!! Die Fotos aus Kolmanskop sind ja der Hammer !! Ganz toll !!!
Ganz liebe Grüße aus dem tristen Winter-Berlin , Eure Antje
Those pictures of the ghost town are just amazing as nature takes back the land. The sand dunes in the homes is just crazy. I hope to visit there someday and take pictures. It will be interested to see how much more the ghost town has returned to nature by the time I get there.