Nach Tahiti besuchten wir weitere „Gesellschaftsinseln“. Moorea liegt nur 15 Seemeilen von Tahiti entfernt und wir erreichten es nach drei Stunden, nachdem wir die Lagune von Tahiti durch einen Pass verließen. Als Erstes steuerten wir die Baie de Cook an, nach James Cook benannt, der hier 1769 anlandete. Eine fjordartige Bucht zieht sich ca. zwei Seemeilen weit in das Landesinnere hinein, an dessen Ende wir geschützt und von Gebirgsmassiven umrahmt lagen. Eine ähnlich pittoreske Bucht war Faku Hiva auf den Marquesas; wir lieben den Anblick auf die Berge und dazwischen wir.
Wie Tahiti besteht Moorea aus einer gebirgigen Insel im Inneren, um die sich wie ein Ring ein Korallenriff zieht. Während die Marquesas als relativ junge Inseln keine vorgelagerten Riffe haben und die Tuamotu Inseln nur noch aus Korallenriffen bestehen, in denen früher Gebirge emporragten, befinden sich die Gesellschaftsinseln in einem Zwischenstadium. Die Inseln erheben sich jeweils aus einer Lagune, die von Korallenriffen umgeben ist. Man sieht und hört, wie die See auf das Riff brandet, während wir in der Lagune ruhig liegen. Hier genießen wir ruhige Tage ohne die Geschäftigkeit, die Papeete zeigt. Wir wandern zum Aussichtspunkt Belvedere, von dem aus wir sowohl die Cooks-Bucht als auch die Opunohu-Bucht, die von einem Berg getrennt ist, sehen. Wilde Gebirgskämme umrahmen uns und das Grün der Insel scheint uns zu verschlucken.

Jill und Bruce verfüttern etwas Thunfisch aus der Dose von Bord und die Rochen kommen und wollen natürlich mehr…
Die nächsten Tage verbringen wir in der Nachbarbucht und unternehmen von dort aus mit dem Dinghi einen Ausflug zu einer Stelle am Innenriff, an der es viele Rochen und Haie zu beobachten gibt. Wir haben erfahren, dass die Fische an dieser Stelle oft von Touristenbooten aus gefüttert werden und deshalb immer hier anzutreffen sind. Leider verlieren die Tiere durch das Füttern ihre normale Verhaltensweise und Scheu, aber auf der anderen Seite können wir sie dadurch aus sehr geringer Nähe beobachten. In hüfttiefem kristallklarem Wasser schnorcheln wir und können uns an den wellenförmigen Bewegungen der Rochen kaum sattsehen. Immer wieder durchqueren mehrere Riff-Haie unser Gesichtsfeld. Wir sind sehr froh, dass wir früh vor den Touristen aufgestanden waren, um die Tiere ohne den Trubel beobachten zu können, der durch die Fütterung entsteht. Neben den unten angefügten Bildern empfehle ich den kleinen Film, der unter folgendem Link oder unter der Seite Videos zu sehen ist.
Dieser Streifen zeigt die anmutigen Bewegungen der Fische viel besser als die Bilder:
https://www.youtube.com/watch?v=kvcEFTtfXx4&feature=youtu.be
Wir verbrachten weitere Tage in der Opunohu Bucht. Wanderungen führten uns durch große Ananasfelder und durch Cashew-Wälder. Wir fragten auf einem Feld, ob wir ein paar Ananas kaufen könnten. Wir suchten uns die drei schönsten aus und fragten die Arbeiter, was wir bezahlen dürften. Die Antwort lautete: „gratuite“ – wieder einmal ein Beispiel für die typische polynesische Gastfreundschaft. Später kam schlechtes Wetter auf. Es regnete viel und wir fühlten uns in die Ostsee versetzt, denn so viele Wolken hatten wir lange nicht gesehen, nur etwas wärmer ist es. Wir hörten von einer Yacht, die in der Lagune von Suwarrow unterging, da deren Anker sich bei 40 kn Wind löste und das Schiff auf dem Riff zerschellte. Ja, dahin wollen wir auch und es gibt uns zu denken, im Moment waren wir aber froh, von Bergen umzingelt, sehr geschützt zu liegen. Der Wind flaute ab und wir erlebten gespenstisch ruhige Nächte, durch deren feuchte Luft die rhythmischen Klänge von Trommeln zu uns getragen wurden. An Land begleiteten uns einige Trommler den ganzen Abend, leider sahen wir sie nie, da wir an Bord blieben.
Wir segelten weiter nach Raiatea. Wir hatten frische Winde und bewegte See, da in den vergangenen Tagen schlechtes Wetter war. Wir waren so schnell, dass wir in der Nacht die Genua reffen mussten, um wegen der Riffe nicht vor Tagesanbruch anzukommen. Nachdem wir durch den Pass Teavamoa in die Lagune gekommen waren, suchten wir drei Stunden nach einem Ankerplatz. Wir wollten die berühmteste historische Kultstätte, die Marae Taputapuatea, besuchen und probierten die beiden nahe liegenden Buchten aus. Sie waren uns mit einem Ankergrund tiefer als 25 m und frischem Wind auf Legerwall zu unsicher, sodass wir versuchten am Außenriff nördlich des Passes an einer uns empfohlenen Stelle zu ankern, wobei dort das Riff an der Lagune steil abfiel. Wir legten uns für ein Mittagsschläfchen nach durchsegelter Nacht aufs Ohr und irgendwann wachte ich warum auch immer auf und sah mich um. Der Anker hatte sich gelöst und wir trieben mitten in der Lagune und wären in einer Viertelstunde auf Grund gelaufen. Mal wieder Glück gehabt. Also noch einmal eine neue Stelle suchen, diesmal südlich des Passes, wo schon zwei andere Yachten lagen. Dort fiel der Ankergrund nicht so steil in die Lagune ab und wir schalteten zur Sicherheit die Ankerwache auf dem GPS ein, um zur Not geweckt zu werden, falls der Anker noch einmal driften sollte.
Die Nacht war unruhig, denn ich hatte eine Infektion im rechten Ohr, die schlimmer wurde. Mitten in der Nacht suchten wir neben den Ohrentropfen nach dem richtigen Antibiotikum, da sich inzwischen meine ganze rechte Gesichtshälfte geschwollen anfühlte. Am Morgen entschieden wir, den Inselarzt aufzusuchen und steuerten die Hauptstadt Uturoa an. Auch dort lange Ankerplatzsuche, denn alle vier empfohlenen Ankerplätze erschienen uns als nicht sicher genug. Der Inselarzt, ein verwegener Franzose, der wie der kleine Bruder von Gerad Depardieu aussah, untersuchte das Ohr und stellte fest, was wir wussten: Der rechte Gehörgang war sehr angeschwollen. Es wurden neue Antibiotika für das Ohr verschrieben, denn die französischen sind natürlich viel besser als deutsche oder englische, und wir kehrten an Bord zurück, um ein paar Tage Pause in herrlicher Lagunenlandschaft einzulegen – ohne Schnorcheln, ohne Sonnenaufenthalt, ohne Milchprodukte und mit weniger Alkohol -, bis sich das Ohr besserte.
Wir fuhren weiter nach Tahaa, die nördlich von Raiatea gelegene Schwesterinsel. Wir machten an einer Boje vor dem Hotel Hibuscus in der Haamene Bucht fest und genossen es einmal wieder, nahe an der Zivilisation zu liegen. Hier bekamen wir Internet, Wasser und Lebensmittel. Der französische Hausherr Leo spricht fließend Deutsch und wir ließen uns mit einem umfangeichen leckeren französisch-polynesischen Dinner verwöhnen.
Am nächsten Tag stand der Besuch auf einer Vanilleplantage an, die von Muerta und Brian geführt wird. Sie, eine Polynesierin, erzählte, dass ihr Mann ihr sein Geburtsland Dänemark im Dezember gezeigt habe. Ich antwortete, dass das ja wohl die unpassendste Zeit gewesen sei. Er erwiderte mit einem Grinsen, dass das sehr wohl die richtige Zeit gewesen sei. Ich konnte unschwer erraten, dass sie sich hier auf Tahaa wohlfühlen. Auch wenn es ein grauer Tag wie im November in Europa war, so hatten wir hier 30°. Wir lernten viel über den Vanilleanbau und seine Probleme kennen. Der Anbau der Vanilla tahitensis liefert hier weniger als 1% des Weltbedarfes an Vanille. Der Hauptproduzent ist Madagaskar mit der Gewürzvanille (Vanilla planifolia). Bruce hatte uns schon davon vorgeschwärmt, sodass Madagaskar in unsere zukünftige Route aufgenommen wurde. Auf Tahaa dienen junge Akazienbäume der Vanille als Wirt, auf der die Vanille, eine Gattung aus der Familie der Orchideen, als Schmarotzer wächst. Die noch grüne Kapselfrucht, die Vanilleschoten, werden gepflückt und täglich eine halbe Stunde auf in der Sonne liegenden Blechen getrocknet bzw. erwärmt. Dann kommen die Schoten in Baumwolltücher gehüllt wieder in Holzkisten zum Fermentieren, um am nächsten Tag wieder für eine halbe Stunde gesonnt zu werden. Das geht so mehrere Monate, bis die Schoten weich und schwarz werden. Zwischendurch werden die Schoten einzeln in Handarbeit massiert, damit sich die Geschmackstoffe entfalten können. Dieser Aufwand erklärt auch den Preis, den man für echte Vanille zu bezahlen hat.
Die beiden erzählten uns von den traurigen Folgen der Klimaerwärmung. Die Pflanze braucht für eine Blüte und gute Ernte nachts Temperaturen unter 20°C und tagsüber für die Trocknung Sonnenwetter und hohe Temperaturen. Nun habe das Wetter sich in den letzten vier Jahren dramatisch geändert. Es wird nicht mehr richtig kühl und damit fiel der Ertrag auf weniger als 30%. Außerdem sei es tagsüber im Moment zu feucht. Leben könnten sie von der Vanilleproduktion nicht mehr, deshalb werde hauptsächlich Copra produziert. Die jährliche Regenmenge sei insgesamt gesehen auf ein Drittel gefallen. Früher habe es nur im Juli stärkere Winde gegeben, ansonsten sei im südlichen Winter oft Windstille gewesen. Nun wehe oft auch in den sonst ruhigen Monaten stärkerer Wind, was für uns Segler natürlich hilfreich ist. Sie setzen sich dafür ein, dass diese Probleme in die Welt getragen werden, und wir versprachen, dabei etwas helfen zu wollen. Das Gehörte ist wieder eine Bestätigung für die globalen Zusammenhänge, die für Jahrzehnte von den meisten ignoriert wurden. Rückblickend bin ich froh, dass Energieeinsparung und CO2-Reduktion oft meine bisherige Arbeit begleitet haben. Tja und mit dem Segeln als Lebens- bzw. Fortbewegungsform (weniger als 10% Motoreinsatz) und der ansonsten vollkommen regenerativen Energieerzeugung mit Photovoltaik und Windgenerator können wir uns ein wenig auf die Schultern klopfen, wenn man dies mit dem „footprint“ des konventionellen Lebens vergleicht. Das wäre doch einmal eine Aufgabe, den jeweiligen Energieverbrauch bzw. den Kohlendioxidausstoß beider Lebensformen detaillierter gegenüberzustellen…
Auf dem Rückweg entdeckten wir einen Friseur und die Entscheidung fiel schnell, die Haare mussten ab. Nachdem das Schaf geschoren war, fragte der Friseur uns, ob er uns mit seinem Auto zum Boot fahren könne, denn es regnete ja. Das ist die polynesische Freundlichkeit, man stelle sich das einmal umgekehrt bei uns in Deutschland vor.
Als nächstes Ziel werden wir Suwarrow, eine der Cook Inseln, anlaufen. Da es ein längerer Weg dorthin ist und es dort in der Einsamkeit keinen Internetzugang geben wird, melden wir uns an dieser Stelle wahrscheinlich erst wieder in ein paar Wochen von West Samoa.
Liebe Annette und Thomas,
nun will ich euch auch mal wieder eigene, nicht „nur“ von Bernhard übermittelte Grüße schicken.
Eure Bilder und Berichte begeistern mich jedes mal, wecken Erinnerungen an eigene paradiesische (oft auch mit Widerhaken versehene) Reiseerlebnisse. Und ich bin ein bisschen traurig und froh, den Sommer in Berlin zu verbringen.
Heute Abend treffen wir uns mit Martin und Jochen. Da wird eure Reise sicher ein großes Gesprächsthema sein und wir werden bestimmt einige Schlucke auf Euch trinken und an euch denken.
Ganz herzliche Grüße von Michael
Liebe Annette und lieber Thomas,
vor ein paar Tagen habe ich schon geschrieben, aber komischerweise ließ sich der Kommentar nicht versenden, dann hatte ich keine Zeit mehr. Mir bleibt oft der Atem stocken, wenn ich Eure Berichte lese. Gut, dass Du gerade rechtzeitig wach geworden bist, Thomas, bevor Ihr weiter abgetrieben seid. Hoffentlich geht es auch Deinem Ohr wieder gut. Bleibt beide gesund und munter! Die Bilder sind wieder herrlich. Bis bald, alles Liebe von Annette* und Hans-Heinrich
Liebe Annette,
danke für deine Zeilen. Mein Ohr ist wieder gut, aber jetzt fehlt der Wind. Wir prüfen gerade den Wetterbericht und werden morgen (Mittwoch) von Bora Bora aus aufbrechen nach Suwarrow (Cook Island). Wir melden uns wieder, wenn wir in ca. 3 Wochen in Samoa sindâ¦
Mit herzlichen GrüÃen
Thomas
Thomas Herter
http://www.ankesophie.wordpress.com
Mobil Französisch Polynesien: +689 87 299964 (gilt ab 23.06.14)
Liebe Annette, lieber Hans-Heinrich,
uns geht es sehr gut. Wir sind seit zwei Tagen in Samoa und wir genieÃen die Zeit hier. Die Leute sind so freundlich, aufgeschlossen, interessiert. Welch eine andere Welt, wenn man das mit Deutschland vergleicht. Wir denken an euch und freuen uns, euch wieder zu sehen, aber es wir eine Zeit brauchen, es sei denn ihr besucht uns irgendwann?!?
Mit herzlichen GrüÃen
Thomas
Thomas Herter
http://www.ankesophie.wordpress.com
Inmarsat Satellitentel.: +870776447234 â Anmerkung: Das Gerät ist nur eingeschaltet, wenn wir einen Termin zum Telefonieren per Email vereinbart haben.
Auf See bin ich nur unter der Emailadresse DH7TH@winlink.org erreichbar. Anmerkung: Wir müssen zuvor eine Email ausgetauscht haben (ich an dich/Sie).